„Du bist hier nicht auf Reisen, das ist irgendwie auch Arbeit für dich.“ Mir fällt die Kinnlade runter und ich starre die Frau an, die mir gegenüber sitzt und angestrengt auf meinen Kaffeesatz blickt. Uhm, okay. Ich muss zugeben, das kam jetzt etwas unerwartet. Kennt sie vielleicht wirklich in echt so ohne Scheiß meine Zukunft?
Ihr müsst dazu wissen: ich besitze eine Voodoo-Puppe, hab meine Zwischenprüfung in Soziologie über Voodoo geschrieben, aber damals, als ich in New Orleans war, hab ich mich nicht getraut mir die Zukunft vorhersagen zu lassen. Ich hab mal fürs Fernsehen was über eine Parapsychologin gemacht und hab mich schön hinter der Kamera versteckt, damit sie ja nicht auf den Gedanken kommt, die Geister in mir zu finden. Ich hab auch Tarotkarten zu Hause irgendwo im Schrank stehen und so mit Anfang zwanzig fand ich das in etwa so amüsant wie Horoskope in Frauenzeitschriften. Also ja, irgendwie finde ich das Ganze super spannend, aber auf der anderen Seite hab ich jedes Mal, wenn es wirklich ums Eingemachte ging, den Schwanz eingezogen. Bis jetzt.
Nichtsahnend spaziere ich die İstiklal Caddesi in Istanbul hinunter, mache hier ein Foto, da ein Foto, denk mir: ach, das ist irgendwie so sehr Kudamm, als mir meine Freundin Buket so nebenbei erzählt, dass in den Seitenstraßen hier ganz viele Wahrsagerinnen ihre Cafés hätten. Und ich weiß nicht, was mich auf einmal geritten hat, aber in der Sekunde wusste ich, dass ich mir meine Zukunft jetzt doch mal vorhersagen lassen will.
Wenig später sitzen wir in einem Café in einer Seitenstraße der İstiklal Caddesi, über eine steile Treppe wurden wir hinunter in einen Raum geführt, in dem in voller Lautstärke Discopop läuft. Kein Mensch da außer uns. Umgerechnet €5 kostet hier eine Tasse türkischer Espresso. Das ist keine Abzocke sondern ein Schlupfloch, das die Wahrsagerinnen gefunden haben. Denn eigentlich ist das, was sie tun, illegal in der Türkei. Anstatt also Geld für ihre Dienste zu nehmen kostet hier der Kaffee einfach ein bißchen mehr.
Eigentlich mag ich den türkischen Kaffee gar nicht so gerne. Aber mit Latte Macchiato funktioniert das mit dem Wahrsagen wohl nicht so gut. Da bleibt ja kein Kaffeesatz, und aus dem wird aber die Zukunft gelesen. Also heißt es jetzt die kleine Tasse leer trinken, bis es sich im Mund krümelig anfühlt. Dann wird die Untertasse auf die Tasse gelegt, mit Gefühl die Tasse geschwenkt während man ganz fest an einen Wunsch denken soll. Zum Schluß wird die Tasse dann umgedreht und um dem Wunsch noch etwas Nachdruck zu verleihen kann man ein Geldstück drauflegen.
Und dann warten wir. Und ich werde langsam nervös. Hab ich das jetzt alles richtig gemacht? Hätte ich mir etwas anderes wünschen sollen? Was wird sie mir wohl erzählen? Wir warten. Die Wahrsagerin hat Zeit, sobald sie eben Zeit hat, bis dahin wartet man. Irgendwann werden wir in einen anderen Raum geführt, an der Wand hängen Bilder von Salvador Dali und von Engeln. Und da sitzt sie. Irgendwie hatte ich eine alte Frau erwartet. Sie ist schätzungsweise Ende dreißig, trägt ein schwarzes Tanktop und trinkt Cappuccino. Sie schaut mich ernst an und dann noch ernster auf die Untertasse meiner Kaffeetasse. Dann in die Tasse hinein. Sie erzählt mir so jenes und dieses. Ein paar Dinge aus meiner Vergangenheit, die so halb stimmen, ein paar Dinge aus meiner Gegenwart, die sehr sehr richtig sind und ein paar Dinge aus meiner Zukunft, die, nunja, vielleicht mal so kommen könnten. Wir werden sehen. Falls diese Dinge eintreffen, und das würde vor allem den Herbst 2013 und den Februar 2014 betreffen (ja, sie war in mancher Hinsicht sehr sehr konkret), dann werde ich euch das berichten. Bis dahin werde ich das allerdings für mich behalten, weil Wünsche gehen ja auch nicht in Erfüllung wenn man sie einfach so weitererzählt und daher müsst ihr euch da jetzt einfach mal in Geduld üben. Ich ja auch.
Ihr wollt jetzt auch zu einer Wahrsagerin in Istanbul und euch die Zukunft vorhersagen lassen?
Am besten geht das in den Seitenstraßen der İstiklal Caddesi, achtet einfach auf Zeichen wie „Tarot“ oder Engelsbilder in den Fenstern. Im Idealfall habt ihr jemand dabei, der türkisch kann, da die Chance auf ne Wahrsagerin in Istanbul zu treffen, die deutsch oder englisch spricht eher gering sind.
Habt ihr euch schon mal die Zukunft vorhersehen lassen? Glaubt ihr an sowas?
Mehr zu Istanbul:
Heike erzählt warum es sich lohnen kann sich tagsüber in Kumkapi zu verlaufen.
Johannes darüber wie er einen alten Freund in Istanbul getroffen hat und warum er sich dort eine Ukulele gekauft hat.
Discussion15 Kommentare
Klingt als wäre es mal eine Erfahrung wert! Bist du dir sicher dass die Wahrsagerin dich nicht in der Wartezeit gegoogelt hat? 😉
Haha, interessant ist es auf jeden Fall! Und ich wüsste nicht wie sie mich hätte googeln sollen – meinen Namen kannte sie nicht! 😉
Zufällig ziehe ich nächste Woche in die Türkei um, um zumindest ein Jahr dort als Englischprofessorin zu arbeiten, also ist es ja ein willkommener Zufall, dass du dich jetzt dort befindest!
Interessanter Artikel … wenn ich eines Tages durch Istanbul bummele, muss ich dass mal ausprobieren. Danke! 😀
Oh wie toll! Wohin genau ziehst du denn? Und ja, unbedingt mal ausprobieren, wenn du in Istanbul bist! Lohnt sich! 😀
„Mit Latte Macchiato funktioniert das wohl nicht so gut.“ <3 😀
Bin ja nicht so der Wahrsagertyp. Aber bestimmt eine interessante Erfahrung. Mich macht ja die umgedrehte Tasse auf dem Kaffee voll nervös. Kannst du die bitte wieder richtig hinstellen?
haha <3 Das hat dann die Wahrsagerin gemacht, die ich leider nicht fotografieren durfte...
Bin jetzt schon gespannt ob es in Erfüllung geht! Mach bitte auch einen Post, falls es nicht geklappt hat 🙂
Haha, ich warte noch… 😀
Istanbul ist ein magischer Ort…Ich war da im 2012 und hab die blaue Moschee besucht. Und in dieser Moschee gibt es eine Kolonne, die die Wunsche erfullt…) Und es hat geklappt, obwohl mein Wunsch unmoglich scheinte 🙂
Oh wie schön für dich! Wenn Wünsche in Erfüllung gehen ist das immer etwas Wunderbares 😀
ich bin oft in istanbul, und bin eigentlich nicht der typ für wahrsagerei und so….aber meine 2 mädels wollten unbedingt und da saß ich das 1.x gezwungenermaßen in diesem cafe und dachte „ja ja erzähl du mal…..bla bla….“ bis die mir sogar den namen meines verlobten, der wirklich KEIN gängiger türkischer name ist und den namen meiner mutter, die gerade einen arbeitsunfall hatte sagte sie nur „liebe grüße an die mama ***** und richte ihr meine genesungswünsche aus!“
ich bin fast vom stuhl gefallen! hilfe ich wollte da nur noch raus…..fand ich irgendwie gruselig.
für die, die auf so was stehen ist das genau das richtige!
Ui, ja, das hört sich gespenstisch an. So krass war das bei mir nicht. Ich sitze jetzt hier und warte einfach mal ab, ob das, was sie so gesagt hat, tatsächlich passiert 😀
Bin gespannt, ob das passt. Mir wurde auch schon mal aus dem Kaffeesatz gelesen und die Dinge die Familie + Studium betreffend, sind tatsächlich eingetreten. Vielleicht gut geraten? Keine Ahnung. Ich find’s jedenfalls spannend…
Hey! Jetzt war ich schon drei Mal in Istanbul und dieser Wahrsagerin bin ich noch nie über den Weg gelaufen. Fände es gut, wenn sie mir auch mal aus dem Kaffeesatz lesen würde 🙂
Pingback: nuestra américa | Reiseblog – Langzeitreisen mit Autostopp und Couchsurfing