Vor ein paar Tagen hat mich jemand gefragt, wie das Reisen mich verändert hat. Meine Antwort war ganz einfach: ich bin ein netterer Mensch geworden. Und das finde ich toll.
Vor ein paar Jahren hab ich noch damit kokettiert, dass ich kein netter Mensch sei.
Nett ist die kleine Schwester von scheiße.
Nett sein bringt nichts.
Lieber scheiße und ehrlich als verlogen und nett.
Du bist zu nett für diese Welt.
Jeder kennt die Sprüche. Auch ich fand es lange nicht gut, wenn Leute mich als NETT bezeichnet haben. Ich bin doch nicht NETT. Nett war für mich lange Zeit gleichbedeutend mit naiv, „es-allen-recht-machen-zu-wollen“, seine eigene Meinung nicht zu sagen, sich ausnutzen zu lassen. Wer will denn dann auch schon nett sein?
Und heute? Heute bin ich gerne ein netter Mensch. Es ist einfach so passiert, irgendwann fing ich an immer netter zu werden. Aufmerksamer. Und dadurch waren auch andere Menschen netter zu mir. Und das mag ich.
Motzige Taxifahrer? Unverschämte Security-Menschen am Flughafen? Genervte Kassierer im Supermarkt? Ganz ehrlich: hab ich schon ganz lange keine mehr erlebt. Ganz im Gegenteil.
Als ich letztens vom Flughafen mit dem Taxi nach Hause gefahren bin, hatte ich einen sehr stillen Taxifahrer. Fast war ich ein bisschen enttäuscht, weil ich es in letzter Zeit so genossen habe mich im Taxi über Gott und die Welt zu unterhalten. Aber gut, dieser Taxifahrer hatte wohl keine Lust sich zu unterhalten. Fünf Minuten später auf der Autobahn: ein anderes Auto überholt uns von rechts auf der leicht vereisten Fahrbahn und auf einmal dreht der Taxifahrer auf, beschimpft den anderen Autofahrer mit allen Schimpfwörtern die ihm in dem Moment wohl einfielen. Ich räuspere mich. Der Taxifahrer sieht in den Rückspiegel: „Ist doch wahr, der denkt er ist 3 Minuten schneller daheim und gefährdet damit andere. Das geht doch nicht, dass der nur an sich denkt und dabei zu blöd ist zu merken, dass er nicht nur andere sondern auch sich selbst in Gefahr bringt.“ Und damit fängt eine Unterhaltung zwischen uns an, die damit endet, dass der Taxifahrer sich bei mir für die nette Fahrt bedankt, mir sagt, dass ich so bleiben soll wie ich bin und mir dabei leicht auf die Schulter tätschelt. Ich weiß genau, dass er mich in dem Moment am liebsten umarmt hätte, aber genau wusste, dass das vielleicht doch nicht ganz so angebracht ist. Worüber wir uns unterhalten haben? Dass man nett zu einander sein sollte, aufeinander acht geben sollte und dass, wenn das alle Menschen tun würden, die Welt ein schönerer Ort wäre.
Ich könnte euch noch viele solcher Geschichten erzählen. Geschichten wie die von den Beachboys aus Sansibar, wo mir das erste Mal wirklich WIRKLICH bewusst geworden ist, was es für einen großen Unterschied macht, wenn man anderen Menschen Beachtung schenkt, wenn man nett zu ihnen ist.
Gerade in unserer heutigen Zeit, voller Terror, Mißgunst, Angst, Neid und Hass. Gerade jetzt, ist es umso wichtiger, dass wir aufeinander acht geben, dass wir einfach nett zueinander sind. Dass wir anderen Menschen Aufmerksamkeit schenken. Freunden, der Familie, fremden Menschen. Nett sein lohnt sich nämlich doch. Und wenn wir alle etwas mehr aufeinander acht geben, dann ist irgendwann niemand mehr „zu nett für diese Welt“, denn dann ist die Welt einfach so, wie wir uns das alle wünschen.
Okay ja, manchmal ist das vielleicht so wie mit dem Bettler vor ein paar Tagen, der humpelnd auf mich zuging und mich um Geld angebettelt hat, das ich ihm gegeben habe und der dann ohne ein Wort des Dankes und auf einmal ohne Humpeln weitergelaufen ist. Ja, ich hab kurz mit dem Kopf geschüttelt. Aber hat es mir weh getan? Nein. Ich werde trotzdem weiter nett sein. Auf andere acht geben. Und versuchen, dass die Welt ein besserer Ort wird.
Probiert es doch die Tage mal aus, seid einfach mal nett in Situationen in denen ihr sonst vielleicht nicht nett seid. Achtet mal auf die Menschen in eurer Umgebung. Schenkt ihnen ein Lächeln. Hört ihnen zu. Helft ihnen. Und dann achtet mal darauf, ob etwas anders ist als sonst. Ich wette, ihr werdet einen positiven Unterschied bemerken. Und dann erzählt mir davon, ja?
Discussion8 Kommentare
Ich glaube auch, dass „Nett sein“ die Welt besser machen kann. Besonders unterwegs auf Reisen fällt einem auf, wie schön es ist, sich mit Unbekannten zu erhalten, einen gemeinsamen Nenner zu finden und unheimlich viel dabei zu lernen.
Das sehe ich genauso! Und Nett-Sein hilft da eben auch mal mit Menschen ins Gespräch zu kommen, mit denen man sich ansonsten vielleicht nicht unterhalten hätte 🙂
danke für die weisen worte!
sehr gerne 🙂
Danke für deinen Artikel! Ehrlich! Wir denken uns so oft: es tut doch nicht weh, wenn du einfach nett zu jemandem bist, statt anderen nichts zu gönnen, egoistisch und rücksichtslos zu sein. Das fängt ja schon bei kleinen Gesten an (Tür aufhalten zB.). Man sollte sich öfter ins Gedächtnis rufen, dass „Nett Sein“ nicht nur gut ist und tut, sondern dich am Ende auch weiter bringt als ein „Ellenbogen-raus-Verhalten“.
Lieben Gruß, Anna & Vanessa
Da habt ihr vollkommen recht! In Relation gesehen hilft Nett-Sein definitiv mehr als rücksichtsloses Verhalten: wie man in den Wald hineinruft schallt es eben auch heraus! Und ich glaube auch fest an Karma 🙂
Der Spruch „Wie man in den Wald ruft… “ Ist ja eigentlich mega Altbacken, dennoch hört man ihn immer wieder, weil er sowas von Recht hat. Toller Artikel und super Kampagne auch von der Swiss!
P.S.: Danke für deine ehrlichen Artikel, ich mag das sehr und habe deinen Blog einfach nur verschlungen! (Bin nich so der Kommentaschreiber, aber das musste mal sein)
Danke dir Tina, das freut mich sehr! Und lass gerne immer wieder mal einen Kommentar da, da freu ich mich drüber!