Wenn man an Urlaub in Deutschland denkt, dann kommen einem oft die immer selben Ziele in den Sinn. Bayern, Berlin, die Ostsee zum Beispiel. Der ein oder andere von euch hat vielleicht auch schon den ein oder anderen Geheimtipp in Deutschland für sich entdeckt, zum Beispiel Brandenburg oder die Sächsische Schweiz, aber habt ihr schon einmal von der WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg gehört? Bei einigen von euch kommt jetzt sicherlich sofort ein Name hoch: Martin Luther. Genau. Ich habe in den letzten Tagen diese Region entdeckt, die mir völlig unbekannt war und die mein Heimatgefühl aber um einiges bereichert hat. Ich habe viele neue Leute kennengelernt, neue Ansichten auf Deutschland bekommen. Und einen neuen Landstrich lieben gelernt. Was mich daran so fasziniert hat? Eine unglaubliche Weite der Natur, die mit Geschichte und Kultur vollgepackten Städte und die ein oder andere Überraschung. Und passend zu den 95 Thesen von Luther habe ich jetzt für euch 9,5 Gründe für eine Reise in die WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg.
1. Bauhaus Dessau und die Meisterhäuser
Ich glaube jeder Mensch, der sich schon mal mit dem Thema Design beschäftigt hat, ist wohl über den Namen Bauhaus gestolpert. Die Kombination des Einfachen mit dem Nützlichen ist heutzutage immer noch state of the art. Wer sich für Architektur und Design interessiert, für den ist ein Besuch im Bauhaus Dessau, dem „Mekka“ des Designs, quasi ein MUSS. Bei einer Führung durch die ehemaligen Werkstätten und Meisterhäuser wurde mir erstmal so richtig bewusst, was für eine unglaubliche Hingabe in den im Bauhaus wirkenden Künstlern (Paul Klee oder auch Kandinsky) steckte! Genauso lohnt sich auch der Besuch der Meisterhäuser lohnt sich auf jeden fall! In den teilweise original erhaltenden Häusern lassen sich die Künstler noch einmal genauer verstehen.
2. Schloss Wörlitz / Wörlitzer Park
Nur circa 25 Minuten vom Bauhaus entfernt, steht das Wörlitzer Schloss; das mehr mit dem Bauhaus zu tun hat, als man erwartet! Walter Gropius, der Architekt des Bauhauses, griff viele Elemente des Schlosses auf, wie zum Beispiel die Sichtachsen, oder die in der Wand versenkten Türen. Allgemein hat Leopold Friedrich Franz, der Erbauer des Schlosses, genauso wie Bauhaus, unglaublich visionär gedacht und Spielereien, wie in der Wand versenkte Betten, oder auch Fernwärme eingebaut. Ähnlich dachte er bei dem von ihm angelegten Park. Hierbei ging es ihm nicht nur um die Schönheit der Natur, sondern auch um die Aufklärung der Bevölkerung. Gerade bei schönem Wetter lohnt es sich einen ganzen Tag einzuplanen, um alle Details zu entdecken!
3. Stadt aus Eisen – Ferropolis
Wären da nicht ein paar innovative Bauhaus Studenten 1991 gewesen, hätte ich wahrscheinlich vor einem unbedeutenden See gestanden. Jedoch hatten diese damals schon die Vision einige der im Tagebau verwendeten Bagger zu erhalten. So hatte ich die Chance, wie tausende andere Besucher vor mir, eine fast schon apokalyptisch wirkende Szenerie zu besuchen, die seinesgleichen sucht. Ferropolis. Jahrelang haben hier tausende von Arbeitern gewirkt und dank Sturm Herwart war ich an dem Tag der einzige auf diesem riesigen Gelände. Diese riesigen Bagger sind einfach eindrucksvoll! Das dachten sich wahrscheinlich auch die Organisatoren des Melt oder auch des Splash Festivals, die nun das Gelände für ihre Festivals nutzen. Ich hab echt Bock nochmal zu einem der Konzerte oder Festivals wieder zu kommen, um die Kulisse genießen zu können! Achso und übrigens: diese fette Streetart auf dem Titelbild stammt von Hendrik Beikirch. Dieser hat die ehemaligen Bergmänner und Frauen, die in Ferropolis gearbeitet haben in diesen Bildern verewigt.
4. St. Jakob Kirche in Köthen und Schloss Köthen
Köthen ist eine dieser Städte, die an Geschichte nur so platzt! Ob es die moderne Homöopathie ist, die hier quasi erfunden wurde, oder Johann Sebastian Bach, der hier einige seiner besten Jahre verbrachte. Diese Stadt hat schon so einiges erlebt. Ein guter Weg um einen Überblick über die Geschichte von Köthen zu bekommen, ist ein Aufstieg auf den Kirchturm, am besten mit Führung. Von dort oben könnt ihr dann das Haus von Samuel Hahnemann, dem Erfinder der Homöopathie, oder auch das Haus von Bach sehen. Was sich auch auf jeden Fall lohnt ist die Gruft der Kirche, die man bei voriger Anmeldung besuchen kann! Hier liegt, abgeschieden von der Außenwelt, der Großteil des Anhalt-Kötheners Adelsgeschlecht. Und die verzierten Sarkophage sind echt ein Hingucker! Auch das Köthener Schloss fand ich großartig. Hier hat das Adelsgeschlecht, das jetzt in der Gruft von St. Jakob ruht, gelebt. Aber nicht nur das. Auch Johann Sebastian Bach hat hier jahrelang gearbeitet und einige seiner berühmtesten Stücke komponiert. So wurde mir mit stolzer Brust erzählt, dass Bach hier zum ersten Mal seine Cello Suiten aufführte. Und ganz nebenbei: im Schloss befindet sich eine der größten Vogel-Sammlungen der Welt. Also – vorbei kommen lohnt sich!
5. Schloss Bernburg
Das Schloss Bernburg ist wunderschön an einem Hang an der Saale gelegen. Unter anderem haben hier auch einige Geschichten von Till Eulenspiegel stattgefunden. Da wird man doch gleich wieder in die Kindheit versetzt… Sonst sprüht dieser Ort natürlich auch wieder nur so vor Geschichte! Ob es die Geschichte der Bären (ja echte Bären!) im Schlossgraben sind, die hier im Schlossgraben immer noch leben, oder die des Schlosses selber ist, die einen interessiert muss man noch selber entscheiden- am besten man schaut sich einfach gleich alles an! Was sich auch gerade bei schönem Wetter lohnt zu machen ist die Fährüberfahrt ans andere Saale Ufer- von dort hat man nämlich das perfekte Foto Motiv!
6. Goitzsche
Bitterfeld, wo der See Goitzsche liegt, war bis vor wenigen Jahren wahrscheinlich noch einer der hässlichsten Plätze Deutschlands. Unglaublich viel Industrie und verseuchte Böden sind nicht unbedingt Publikumsmagneten. Doch durch die Flutung des ehemaligen Bergwerks und der Renaturierung der näheren Umgebung ist hier ein Kontrast entstanden, den ich so noch nie erlebt habe. Ich meine, stellt euch mal vor, dass eigentlich jeder mir noch von den alten Zeiten erzählt hat, wo man nicht besonders stolz darauf war aus Bitterfeld kam. Und heute? Lassen sich Touristen die Sonne dort auf den Bauch scheinen, drehen eine Runde mit dem Rad oder gehen segeln und genießen eine atemberaubend schöne Natur dort. Am liebsten würde ich sofort ein Grundstück am See kaufen und dort hinziehen um ehrlich zu sein!
7. Schlosskirche Wittenberg
Gerade jetzt, wo wir 500 Jahre Reformation feiern, ist Luther aktueller denn je. Da liegt es natürlich nahe Wittenberg und damit auch die Schlosskirche zu besuchen. An diese hat Luther nämlich damals seine Thesen angeschlagen. Funfact: Wie mir jedoch erklärt wurde hatte das gar nichts mit Hammer und Nagel zu tun, da die Eichentür viel zu hart gewesen wäre. Wahrscheinlich hat er stattdessen die Thesen mit Siegellack an die Tür geklebt.
8. 360 Grad Panorama Luther Wittenberg
Diese Installation macht einem erstmal wirklich bewusst, wie es zu Luthers Zeit zuging. Hier wird in einem runden Panorama inklusive realistischer Sound-Darbietung das Leben zur damaligen Zeit dargestellt. Also zumindest ich habe mich tatsächlich so gefühlt, als wenn ich mich gleich an einen Tisch mit Luther setze und mal so über seine Ansichten diskutiere! Wäre sicherlich ganz spannend gewesen..
9. Sachsenspiegel
Habt ihr schon mal vom Sachsenspiegel gehört? Ich zumindest nicht. Und trotzdem handelt es sich wahrscheinlich um eines der wichtigsten zeitgeschichtlichen Dokumente Europas. Eike von Repkow hat zu Beginn des 13. Jahrhunderts das erste Mal Recht tatsächlich aufgeschrieben. Das ging vom Verkehrsrecht (u.a. kommt da der Spruch „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ her) bis zum Nachbarschaftsrecht. Dieses wurde anschließend nahezu in ganz Europa angewendet und ist größtenteils immer noch aktuell. Unglaublich, oder? Reppichau bietet heute ein Freiluftmuseum, das sich durch das ganze Dorf zieht. Nahezu alle Hauswände sind dem Sachsenspiegel entsprechend bemalt und ich hatte das Gefühl, dass das ganze Dorf den großen Wunsch verfolgt, dass der Sachsenspiegel die Anerkennung bekommt, die er verdient.
9,5 Ein halber Tipp zum Schluss – das Hotel zum Stein
Es ist nicht so, dass es nur einen halben Tipp wert ist, sondern eher sogar zwei! Solltet ihr nach einem langen Tag Kultur nur noch abschalten wollen, dann kann ich euch das Hotel zum Stein in Wörlitz empfehlen. Mit verschiedensten Wellness Angeboten und zwei Pools kann man glaube ich jeden mit Kultur vollgestopften Tag wieder ausgleichen. Auch zum Wörlitzer Schloss sind es nur ein paar Meter zu Fuß, was bedeutet, dass man einen Tag schon mal völlig ohne Auto machen kann.
Hinweis: Dieser Artikel wird euch präsentiert in Zusammenarbeit mit der WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg.
Discussion2 Kommentare
Hey Jasper,
danke für diesen Blogpost! Mir ist dieses Jahr auch aufgefallen, wie wenig man doch in Deutschland reist und wieviele schöne Ecken es hier eigentlich gibt. Gerade die unbekannten Orte sind so schön und einzigartig!
Mitte Oktober hatte ich Eurem Team/Yvonne eine Mail zu einer Interviewanfrage geschickt. Würde mich gern mit euch unterhalten und freue mich auf eine Rückmeldung 🙂
Bis dahin noch viel Spaß beim Reisen!
Ein Moin aus Hamburg,
Dung
Hi Jasper,
wenn du wieder einmal in Dessau bist, lass es mich doch wissen.
Können gern mal zusammen mit der Kamera losziehen 😉
Grüße aus Dessau
Jing