ITB Berlin 2012 – Der Aufstieg der Reiseblogger
Es war eine spannende ITB 2012 in Berlin. Erstmals waren dieses Jahr über 120 Reiseblogger aus aller Welt akkreditiert und das Interesse war von allen Seiten groß. Für mich ganz persönlich war die ITB dieses Jahr ein großer Erfolg. Während ich noch im letzten Jahr bei der Erwähnung meines Reiseblogs oft nur ein müdes Lächeln erntete, wurde ich dieses Jahr nicht nur von einem Fernsehteam des RBB begleitet, sondern bekam auch einige spannende Projekte und Kooperationen angeboten. Darüber bald mehr. Es war auch toll so viele bekannte Gesichter wiederzusehen, Freundschaften zu vertiefen und neue zu beginnen und einfach eine tolle Zeit gemeinsam zu haben. Alles in allem also eine sehr erfolgreiche ITB.
Doch wie sehen das die anderen? Die Veranstalter, die PR Leute, andere Blogger und Journalisten? War die ITB 2012 wirklich so wegweisend hinsichtlich Reiseblogs? Ich habe bei einigen mal nachgefragt und einige spannende Antworten bekommen.
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KEITH JENKINS Reiseblogger www.velvetescape.com und Mitbegründer des Global Bloggers Network
Denkst Du, dass die ITB die Stellung der Reiseblogger verbessert hat?
KJ: Ich bin davon überzeugt, dass die ITB 2012 vielen im Gedächtnis bleiben wird als das Event, durch das Reiseblogs fest etabliert wurden. Die WTM in London machte letztes Jahr schon einen ersten Schritt in diese Richtung, indem sie Blogger (inklusive mir) ins Boot geholt hat, um über Blogging und Social Media zu sprechen. Die ITB hat das Ganze nochmal auf ein ganz neues Level gebracht, durch ein speziell auf Blogger abgestimmtes Programm! Das, was die ITB hier zusammengestellt hat, war die perfekte Plattform für die Reiseindustrie um Reiseblogging kennen zu lernen und zu verstehen und Blogger konnten so mehr über die Reiseindustrie erfahren. Blogger haben sehr hart dafür gearbeitet um ihre Blogs auf eine professionelle Ebene zu bringen. Von der begeisterten Resonanz, die ich von DMO’s, PR-Leuten und vielen anderen, mit denen ich gesprochen habe, erfahren habe, kann ich auf jeden Fall sagen, dass Reiseblogger sehr ernst genommen werden, dank der ITB 2012, die die Blogger ins Rampenlicht gerückt hat.
Was war Deine persönliche Erfahrung?
KJ: Der erste Hinweis darauf, dass es ernsthaftes Interesse an Reisebloggern gibt, zeigte sich beim tweetup, das Melvin Böcher (@traveldudes) und ich organisiert hatten. Rund 60 Leute kamen vorbei. Viele davon Blogger, aber auch DMO’s, PR-Leute und die Gründer der beiden größten Reiseblogging Konferenzen: TBU und TBEX/Blogworld. Dann kam auch noch der Global Brand Marketing Manager für DoubleTree/Hilton und später der CEO von Oman Air (danke Yvonne, für die nette Vorstellung)! In den folgenden Tagen schien es so, als würde jeder sich mit den wenigen Bloggern die auf der ITB waren, treffen und unterhalten wollen. Ich habe mit verschiedenen DMO’s und Reiseveranstaltern geredet und alle waren sie nur an einer Sache interessiert: Wie können wir zusammen arbeiten? Das hat mich wirklich umgehauen.
Was mich auch beeindruckt hat, war das Engagement der ITB für das Blogger Programm. Meine Erfahrung auf der WTM in London 2011 ist dafür ein gutes Beispiel – uns wurde für unsere Podiums-Diskussion ein Raum für 60 Personen zugewiesen (während rund 150 Leute versucht haben sich in den Raum zu quetschen). Die ITB hat uns ihre größte Bühne zur Verfügung gestellt und ich hatte die große Ehre die Keynote vor mehr als 400 Menschen zu halten.
Eine Sache ist absolut sicher: In den kommenden Jahren werden Blogger auf die ITB 2012 als Meilenstein in der Geschichte zurückblicken, ein Event, das das Bild der Reiseblogger maßgeblich verändert hat.
(Hinweis: Das Interview mit Keith wurde von mir aus dem Englischen übersetzt)
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ASTRID EHRING Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ITB
Hat sich durch die ITB die Rolle der Reiseblogger verändert?
AE: Die ITB Berlin hat Bloggern und Blogs in diesem Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen thematisch viel Platz eingeräumt. Das Interesse der Fachbesucher war enorm. Es gab aus unserer Sicht ein großes Informationsbedürfnis seitens der Branche. So waren beispielsweise die Vorträge in der eTravel World stets so gut besucht, dass die Sitzplätze nicht ausreichten. Am dritten Tag standen dort die Blogger definitiv im Mittelpunkt. Die Diskussionsrunde „New kids on the blog – how destinations can succeed in the blogosphere“ war die erfolgreichste des Tages. Die ITB Berlin 2012 hat der Reiseindustrie klar gezeigt, wie wichtig Blogger sind und wie man erfolgreich mit ihnen zusammen arbeiten kann. Die Veranstaltungen haben den großen Stellenwert der Reiseblogger für die Reiseindustrie verdeutlicht: Sie hat den Fachbesuchern und Ausstellern geholfen, die professionelle Arbeit von Bloggern besser kennen zu lernen. So hat die ITB Berlin zwar nicht die Rolle, aber die Wahrnehmung der Rolle der Reiseblogger geändert.
Wie wird die ITB zukünftig auf Reiseblogger eingehen?
AE: Wir haben selbst viele interessante Gespräche mit Bloggern auf der ITB Berlin geführt und Ideen gesammelt, wie wir unser Programm weiter ausbauen können. Wir werden unser Engagement auf alle Fälle fortsetzen. Die ITB Berlin ist die führende Messe der internationalen Reiseindustrie und natürlich möchten wir auch die Nummer Eins für den Austausch mit und innerhalb der internationalen Bloggerszene der Branche sein. Deshalb möchten wir Themengeber, Kontaktbörse und der richtige Ort für den Erfahrungsaustausch untereinander sein. Wir haben auch immer ein offenes Ohr für Vorschläge und Anregungen, gerne auch in unserer Xing-Gruppe.
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MATTHIAS SCHEFFELMAIER Co-Founder und Communication Director bei pocketvillage
Pocketvillage war maßgeblich daran beteiligt, Events für Reiseblogger auf der ITB zu organisieren. Was hat euch dazu gebracht?
MS: Wir hingen schon immer gern mit Reise-Bloggern zusammen ab, schon vor dem Launch des Reise startups pocketvillage – wir haben einfach sehr viel Spaß daran Teil der Community zu sein. Als uns Juliane Gäbler und Astrid Ehring von der ITB ansprachen, um zu diskutieren, wie Blogger systematischer in die ITB 2012 eingebunden werden können, waren wir sofort begeistert von der Idee und dem Potential. Von dem Zeitpunkt an ist alles größer und größer geworden, am Ende standen ein Travel Massive am Vorabend der Messe, mehrere Paneldiskussionen, Blogger-Präsentationen und vieles mehr auf dem Programm.
Im Vergleich zur ITB 2011 war die diesjährige ITB ein großer Schritt nach vorne für die Reisebloggerszene. Wie sieht Deine Prognose für 2013 aus?
MS: Wir glauben die Zeiten in denen Travel Blogger als die verrückten Außenseiter ohne Wert für die Reiseindustrie betrachtet wurden sind endgültig vorbei. In 2013 wird es immer normaler sein, dass z.B. Tourism Boards, Reiseunternehmen und Blogger gemeinsam Blog Trips diskutieren, Blogger zu Paneldiskussionen eingeladen werden, man sie um ihre Meinung bittet und ihre Blogs verfolgt etc. etc.. Mal im Ernst, wer sich nach Erfolgen wie der ‚#InCostaBrava‘ Blog Kampagne immer noch nicht überlegt, wie er evtl. auch mit Bloggern zusammenarbeiten kann oder sollte, dem ist nicht zu helfen. 2013 wird definitiv eine Professionalisierung der Szene bringen – lasst uns alle zusammen dafür sorgen, dass sie dabei ihre Authentizität nicht verliert!
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DIRK ROGL stellvertretender Chefredakteur fvw
Welche Zukunft haben Deiner Meinung nach Reiseblogger im Vergleich zu traditionellen Reisejournalisten?
DR: Am Ende zählt die Qualität und die Relevanz des Themas, nicht das Format. Authentizität und Aktualität sprechen für das Bloggen, Neutralität und Professionalität für den traditionellen Journalismus. Aber die Grenzen verschwinden zunehmend. Gute Journalisten sollten bloggen. Und gute Blogger sollten zumindest die Grundlagen des Journalismus beherrschen. Und das tun beide Seiten zunehmend. Am Ende wird es keine lupenreine Reiseblogger und reine Reisejournalisten mehr geben. Gefragt sind Experten in ihrem Bereich, die ihre Leser, User, Friends und Follower auf den Kanälen erreichen, die relevant sind.
Hat sich an Deiner Meinung seit der ITB etwas verändert?
DR: Überhaupt nichts. Aber ich glaube, einige Kollegen, die Ihre jeweilige Zunft für den Nabel der Welt halten – seien es Blogger oder Journalisten – sollten kräftig nachdenken. 😉
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UTE HOPFENGÄRTNER Prokuristin Wilde und Partner Public Relations GmbH
Wilde und Partner hat sich sehr für Reiseblogger auf der ITB engagiert und für einen Austausch mit der Reiseindustrie gesorgt. Wie hat sich das ausgezahlt?
UH: Die diesjährige ITB hat gezeigt, dass Reiseblogger mittlerweile in der Reiseindustrie angekommen sind – oder vielleicht eher umgekehrt. Wir sind schon seit geraumer Zeit mit Reisebloggern nicht nur im Gespräch sondern in stetigem Kontakt und hatten bereits vergangenes Jahr sehr erfolgreich eine erste Bloggerreise in die Emilia-Romagna organisiert. Unser internationales Blogger Meet-Up am Stand und der ITB-Mediengipfel zum Thema Reiseblogger fand großartige Unterstützung und Anerkennung – und konnte vielen Touristikern praxisnah aufzeigen, dass Blogging bereits heute ein wichtiger Teil der Kommunikation ist – und nicht erst werden wird. Gerade die Reisebranche lebt von schneller, authentischer Information und es ist essentiell, hier die besten Kontakte zu haben.
Wird sich dadurch die Zusammenarbeit mit Reisebloggern in Zukunft verändern?
UH: Für unsere tägliche Arbeit ist das Blogging schon längst ein Teil der Unternehmensphilosophie und ein wichtiger Bereich in unserer Social Media Kommunikation und wir sehen, dass die Zusammenarbeit immer professioneller wird – ich denke, wir sind für Reiseblogger ein guter Sparringspartner. Auch bei unseren Kunden wächst das Interesse – und auch das Know-How – stetig und so sind wir davon überzeugt, dass Reiseblogger einen immer höheren Stellenwert innerhalb der Reiseindustrie einnehmen werden. Gerade haben wir auch unseren Agenturblog auf den Weg gebracht (newsroom.wilde.de) und wissen aus eigener Erfahrung, dass es ein weiter Weg ist vom Online-Tagebuch zum professionellen Blog.
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ANGELIKA SCHWAFF Head of International Communication Germanwings und Reisebloggerin bei ichweisswo.blogspot.com
Hat sich durch die ITB das Bild der Reiseblogger verändert?
AS: Die ITB 2012 hat deutliche Trends gesetzt für die deutsche Reiseindustrie. Zum ersten Mal konnten sich Reiseblogger für die Messe akkreditieren – ein klares Zeichen, dass die Industrie die aktuelle und nicht aufzuhaltende Entwicklung erkannt hat. Auf den unzähligen Veranstaltungen die für Reiseblogger veranstaltet wurden oder in den Panels, die thematisch um das Phänomen Reiseblog kreisten hat sich innerhalb weniger Stunden und tage ein deutlicheres Bild abgezeichnet. Der Industrieseite war das Bild der Reiseblogger zwar bisher sicherlich nicht unbekannt, aber wohl undurchschaubar. Jetzt dürfte klar sein, was ein Reiseblogger darstellen kann, zu welchen Leistungen er in der Lage ist und auch dass ein professioneller Reiseblogger diese nicht ohne Gegenleistungen anbieten darf und wird.
Wie war Deine persönliche Erfahrung sowohl von PR als auch von Reiseblogger Seite aus?
AS: Meine persönlichen Erfahrungen haben viel mit dem Wort „endlich“ zu tun. Ich hatte am ersten Messetag ein Treffen zwischen Tourismus-PR-Seite und in Deutschland lebenden Reisebloggern organisiert, um beide Seiten an einen Tisch zu bringen und um erste Fragen offen und direkt auszusprechen und zu klären. Das Treffen war ein voller Erfolg. Während der gesamten ITB war das Thema Reiseblogger in aller Munde, so deutlich greifbar war eine Trend auf der ITB bisher noch nie. Die Krönung war dann sicherlich das Panel, auf dem ich am letzte Messetag um 14:45h mit anderen Bloggern zum Thema saß: zu einer Zeit, in der sicherlich der ein oder andere Fachbesucher sonst keine Zeit mehr findet, einer Diskussion zu lauschen, war der große Saal voll und es hat sich eine interessante Diskussion entwickelt. Das hat mich in meiner Doppelfunktion wirklich überrascht und bestärkt, dass wir alle auf dem richtigen Weg sind.
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Wart ihr auf der ITB 2012? Was haltet ihr davon? Wo seht ihr die Zukunft der Reiseblogs?