Die Sache mit dem Skifahren. Und warum ich das jetzt kann.
Ich steh wie ein verschrecktes Huhn im Skiladen. Nina steht neben mir und schaut nicht weniger bescheuert aus der Wäsche. HILFE! Was machen wir hier eigentlich? Vollgepackt mit Skiausrüstung, einen Schuh an, einen in der Hand und gleichzeitig Stöcke, Skier, Handschuhe und Helm in der anderen Hand. Und von unserem Skilehrer weit und breit keine Spur. Sind wir hier überhaupt richtig? Und auf einmal steht da so ein braungebrannter Mann neben uns mit einem breiten Grinsen, das ihm aber ziemlich schnell vergeht, als wir so völlig überfordert mit der Situation auf ihn einquasseln. Er sagt irgendwas, ich versteh kein Wort. Und dabei bin ich doch eigentlich Schwäbin und hab mir eingebildet jeglichen Dialekt im Alpenraum verstehen zu können. ICH VERSTEH DICH NICHT! KANNST DU DAS NOCHMAL SAGEN? „Ich bin der Dieter, sagt einfach Didi zu mir. Und keine Sorge, das bekommen wir schon hin.“ Na, der hat ja gut reden. Immerhin weiß er wie das geht mit dem Skifahren…
Ok, ich bin auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen und ja, eigentlich hätte ich quasi mit Skiern unter den Füßen groß werden sollen. Bin ich aber nicht. Was ganz einfach daran liegt, dass meine Eltern nicht Skifahren, daher war das nie ein Thema bei uns. Mit 18 hat es dann der erste versucht mir das beizubringen. Mein damaliger Freund. Geendet hat es damit, dass ich mir jede Menge blaue Flecken zugezogen habe und mir einen ganz schlimmen Rausch mit Rotwein-Cola angesoffen habe. Mit Anfang zwanzig hat es dann der nächste versucht. Immerhin hab ich mir damals nicht jede Menge blaue Flecken geholt, sondern nur einen. Einen sehr großen. Da ich immer wieder auf dieselbe Seite gefallen bin. Auf die linke, das weiß ich noch genau. Irgendwann hab ich es dann aufgegeben, ich bin da so. Wenn ich etwas nicht kann, dann ist das halt so. Erst recht, wenn ich mir nur weh tue dabei.
Aber irgendwie, irgendwie hat mich dann dieses Jahr doch der Ehrgeiz gepackt. Das kann doch nicht so schwer sein. Und außerdem wollte ich schon immer mal so cool sein, wie alle anderen, die dann mit offener Jacke beim Mittagessen draußen in der Sonne auf dem Berg sitzen und naja, einfach so unheimlich cool dabei aussehen. Und wenn Tirol dann schon mit solchem Kaiserwetter lockt, wie letzte Woche, und mit einem Skikurs in Sölden, dann kann da kaum einer widerstehen. Und so ging es für mich dann auf den Berg, genauer gesagt aufs Giggijoch in Sölden.
Der Himmel strahlte mit dem weißen Schnee um die Wette und mir zitterten ein bißchen die Knie. Was, wenn ich mich einfach saudoof anstelle? Ich kenne das ja schon von mir, dass ich am Anfang erstmal gerne n bisi Dramaqueen spiele. Wie zum Beispiel damals beim Tauchen auf Borneo.
Erstmal auf den Idiotenhügel. Ok, da kann ja nicht viel passieren. Nach zwei Schwüngen schaut uns Didi grinsend an: „Passt doch! Auf geht’s zum Tellerlift!“ Na, wenn der meint ich kann das, dann kann ich das wohl. Und Tatsache. Irgendwie kann ich das. Und dann geht’s mit dem „richtigen“ Lift hoch und die „richtige“ Piste runter. Eine Kurve, dann die nächste. Nina ist schon längst unten und ich quäle mich so langsam den Hügel hinunter. „Kannst du tanzen?“ Didi steht neben mir und wackelt mit den Hüften. Ich schau ihn nur irritiert an. „Na, deine Hüften, da musste lockerer werden. Und so stehen und nich so. Du stehst falsch. Mach das doch mal so und dann hier mit der Hand und so.“
Jetzt wird mir einiges klar, also so grob wusste ich ja, was ich da mache. Aber erklärt hat mir das nie jemand richtig. Es hat halt schon seinen Sinn, einen richtigen Skikurs zu machen. Und dann düse ich (ok, dezent langsam) den Abhang hinunter. Muss immer wieder mal überlegen, wo jetzt rechts und wo nochmal links ist, damit ich das mit der Hüfte hinbekomme, aber auf Fotos schaue ich schon recht profimäßig dabei aus.
Na gut, nicht immer, ich weiß manchmal einfach noch nicht so richtig, wohin mit meinen Armen und so.
Gegen drei Uhr bin ich dann aber komplett am Arsch, meine Beine sind müde und ich auch. Jetzt macht das Ganze auf einmal auch nicht mehr ganz so viel Spass. Zeit für Aprés Ski! Und dafür ist Sölden ja bekannt. Auch wenn ich an sich nicht so wirklich viel für DJ Ötzi und Co übrig habe, nach einem Tag auf der Piste wippt dann auch meine Hüfte mit und der Aperol Spritz schunkelt in meinem Glas.
Der nächste Morgen ist hart. Mir tut alles weh. ALLES. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich so auch nur den Idiotenhügel runterkomme. Aber auf meine vorsichtige Nachfrage, ob wir erstmal Tellerlift fahren können, ernte ich nur ungläubige Blicke. Ok, na gut, dann eben gleich die „richtige“ Piste. Und siehe da, auf einmal gehts. Als hätte mein Körper über Nacht verinnerlicht, was er wann wie machen muss. Ok, mich haut es noch ein, zweimal hin. Davon gibt es LEIDER kein Foto. Ich trau mir sogar schon zu einem Mann, der hingefallen ist, wieder aufzuhelfen. Ich bin eine Heldin. Nina und Didi meinten nachher allerdings, dass sie nur drauf gewartet haben, dass es mich mitsamt dem Mann den Berg runterrollt. Ha. Von wegen.
Beim Mittagessen wird Fazit gezogen. Didi meint, wir sind gar nicht so schlecht, wie wir dachten. Ganz im Gegenteil, noch ein Tag und wir könnten die rote Piste runterfahren.
Für 1,5 Tage Skikurs doch gar kein so schlechtes Ergebnis. Ich fühle mich großartig, jetzt kann ich Skifahren. Die Berge hoch und Berge runter. Und manchmal, da werde ich mich dann einfach an den Abhang setzen, die Aussicht genießen und drüber nachdenken, wie ich damals wie ein verschrecktes Huhn im Skiladen stand. Und ein bißchen werde ich dann über mich lachen müssen.
Hinweis: Danke an Tirol Werbung für die Einladung und danke an Didi für deine Geduld.