Petulu, ein Dorf auf Bali – Von heiligen Vögeln und wiedergeborenen Seelen
Ein bisschen hat das Ganze was von Hitchcock’s „Die Vögel“. Jeden Abend zur Dämmerung fallen tausende von Reihern in das kleine Dörfchen Petulu im Landesinneren von Bali ein. Jeden Abend.
Eigentlich ist Petulu ein Dorf, wie es Ubud mal war, bevor die Künstler kamen; bevor Elizabeth Gilbert dort die Liebe fand. (Den Film fand ich im übrigen scheiße und das Buch hab ich nie gelesen). In Petulu jedenfalls sitzen die Männer Abend für Abend auf der Straße und liefern sich den ultimativen Schwanzvergleich. Hahn = Cock = na, ihr wisst schon.
Die Frauen gehen, ungerührt dessen, ihrer Arbeit nach und die Kinder spielen Fußball als gäbe es nichts anderes auf der Welt (außer wenn da so ne Touristin vorbei kommt, dann posen sie auch mal kurz für ein Foto).
Die wenigen Touristen erkennt man hier ganz einfach. Neben den gezückten Kameras und dem sehr häufigen „Hach, ich werde mich hier selbst verwirklichen“-Ausdruck im Gesicht, sind Touristen die, die hier konstant nach oben schauen. Und gleichzeitig den Kopf einziehen. Hört sich komisch an, ist aber so. Sie halten Ausschau nach den heiligen Reihern und versuchen sich gleichtzeitig vor deren „Hinterlassenschaften“ zu schützen. Ja, Vögel kacken. Auch heilige.
Heilig? Ja, irgendwie schon. Auf Bali ist Hinduismus die vorherrschende Religion, damit einher geht der Glaube an Wiedergeburt. Und die Reiher? Auf Bali sagt man, die Reiher wären die Reinkarnation von tausenden von Balinesen, die während der antikommunistischen Massentötungen in Indonesien 1965/66 umgebracht wurden. Allein auf Bali wurden innerhalb zwei Wochen 80.000 Menschen getötet.
In Petulu fand nach den Unruhen 1966 eine Zeremonie statt, zum Gedenken der Ermordeten und zum Schutz der Überlebenden. Kurz danach kamen die Vögel. Und seitdem kommen Tag für Tag tausende von Reihern nach Petulu und lassen sich hier zur Ruhe nieder. Jeden Abend. Davor hatte man die Reiher in Petulu nie gesehen.
Egal ob man nun an Wiedergeburt glaubt oder an übernatürliche Mächte oder an nichts davon, die Reiher von Petulu haben etwas Magisches an sich. Und Petulu ist einer der wenigen Orte auf Bali, die noch kaum entdeckt sind. Und während wir hier die Straßen entlang gehen, immer auf der Hut vor der Vogelkacke, spricht uns ein Mann an. „Wo kommt ihr her? Wo geht ihr hin?“ Die Reiher, sagt er, seien allein schon deshalb etwas Besonderes auf Bali, da sie die heiligen Farben der Hindus tragen. Weiß und gelb. Und dann schenkt er mir eine Blume, mit einer gelb-weißen Blüte. Die würde mir Glück bringen, sagt er. Und irgendwie glaube ich ihm das.