Wie ich von ner Kobra angespuckt wurde und dafür aber die Big Five gesehen habe
Ich weiß noch, wie ich dachte. Alter, hat das Vieh mich jetzt grad angespuckt oder fängt es an zu regnen? Und dann dacht ich: Krass, die sieht irgendwie aus wie ne Kobra. Und dann bin ich weggerannt…
Ja, irgendwie stimmt es schon, was die anderen am nächsten Morgen gesagt haben, irgendwie bin ich wie Schneewittchen. Nur dass sich von mir keine süßen Vögelchen und niedliche Mäuschen angezogen fühlen, sondern Wölfe und Schlangen. Na super.
Aber von vorne.
Ich hatte eine Farm in Afrika. Ach, ehm, ne. Falscher Film.
Einmal auf Safari gehen war schon immer mein großer Traum. Am liebsten wie anno dazumal. Aber das geht ja nicht, wenn nicht mal jemand endlich das Zeitreisen erfinden würde. Und dann sitze ich da im offenen Safarigefährt und der Wind pfeift mir um die Ohren und zerstört meine Frisur und auf einmal steht da eine Giraffe. Einfach so. Und schaut uns an und schaut und schaut. Und wartet bis jeder von uns ein Foto gemacht hat und dann geht sie weiter. Nein, sie stolziert. Und ich muss mich zwicken, sonst glaub ich das jetzt einfach nicht.
Wir sind im Kapama Private Game Reserve. 13.000 Hektar pure Natur. Wildnis. Und dazwischen vier Lodges. Und wir. Im offenen Wagen. Als ich unsere Rangerin Kim frage, ob ich auch mal fahren darf, lächelt sie nur müde. Ich darf nicht. Vier Mal geht es für uns insgesamt auf Safari. Zweimal abends und zweimal morgens. Und schon auf der Fahrt vom Flughafen zur Lodge sehen wir den ersten der Big Five. Den Büffel. Und es wird nicht der letzte bleiben. Also gut, der letzte Büffel schon, den wir sehen, aber nicht der letzte der Big Five.
Big Five Kandidat Nummer zwei ist der Löwe. Und ich muss ganz arg schlucken. Denn keine zwanzig Meter weiter stand ich grad noch neben dem Wagen, weil Kim hat gesagt, ist ok und so. Wollte ja nur schnell n Foto von der Straße machen. Und dann ist da auf einmal ein Löwe. Und liegt da so rum und gähnt vor sich hin. Ja, er hat nur gegähnt. Auf dem Foto sieht er gefährlicher aus, als er war. Aber da war mir auf einmal klar WIE NAH wir den Tieren tatsächlich kommen. Ich dachte immer bei Safaris ist da son guter Sicherheitsabstand von 20 Metern oder so. Schnickschnack. Wenn ich mich weit genug heraus gelehnt hätte, hätte ich ihn streicheln können. Darf man aber nicht.
Und während seine Herzdame seelenruhig daneben schlief fuhren wir schon wieder weiter. Vorbei an gefühlten tausend Warzenschweinen, die zu den Ugly Five gehören. Mag ich. Und an Zebras. Mag ich auch.
Und dann wird es Nacht in Afrika. Und es wird spät. Und irgendwann bin ich auf dem Weg zu meinem Zimmer. Mein Zimmer liegt im Erdgeschoss. Und während ich die Veranda entlanggehe, von der die Zimmertüren abgehen, sehe ich sie schon. Hach, eine Schlange. Um den Baumstumpf direkt vor meiner Zimmertür geschlängelt. Ob ich mich dran vorbeischlängeln kann? Ist halt so in Afrika, da liegt schon mal ne Schlange rum. Und ich gehe näher. Und auf einmal spuckt das Biest mich an. Und das kommt mir dann irgendwie doch komisch vor, vor allem weil das wirklich wie ne Kobra aussieht. Uha, da geh ich mal lieber schnell weg. „There’s a spitting snake in front of my door!“ Der Ranger schaut mich mit großen Augen an. „A cobra?“. Woher soll ich das denn wissen, ich kenn die doch nur aus dem Fernsehen! Er holt Stock und Schlangenzangendings und kommt mit. Die Schlange ist weg. Was war das denn nun? Wirklich ne Kobra? Spucken Kobras denn? Er nickt. Und fragt, wo sie mich denn getroffen hat. Eigentlich hab ich’s nur an der Hand gespürt. Waschen soll ich mich, ganz gründlich. Solange es nicht in die Augen ging, sei alles gut. Ehm, WAS HÄTTE DENN BITTE PASSIEREN KÖNNEN? IST DIE GIFTIG? Er nickt. Die Speikobra spuckt, wenn sie sich angegriffen fühlt. Normalerweise direkt in die Augen des Angreifers, das kann schon mal blind machen. Wenn sie jagt, dann beißt sie, wie das Kobras eben so tun. Mit Gift und so. Auf einmal wird mir ganz schlecht. Und ey, ganz ernsthaft, auch jetzt, Tage danach, werde ich ganz zitterig, wenn ich daran denke. Das war knapp.
Die nächsten Tage wird mir bewusst, wie groß und anders die Welt doch ist. Irgendwie versuchen wir immer alles zu kontrollieren, schmieden Pläne, schreiben To Do Listen. Und letztendlich ist alles anders. Zufall. Schicksal. Karma. Glück. Das Leben macht, was es will. Und alles, was wir tun können, ist darauf vertrauen, dass alles gut wird. Und dass das Leben uns Momente schenkt, wie diesen, als zwei junge Nashörner am nächsten Morgen gemächlich unseren Weg kreuzen. Und man kurz den Atem anhält und eigentlich gar nicht weiß, was man tun soll, weil einen das gerade so überwältigt. Und man eigentlich aufstehen will, aus dem Wagen raus, zu den Nashörnern hin und sie einmal ganz fest drücken will. Weil sie so schön sind, und weil es so viele Menschen gibt, die sie jagen. Die sie töten. Und man will ihnen zurufen: lauft weg! Versteckt euch. Und gleichzeitig ist man einfach nur glücklich, dass man so was Schönes sehen darf.
Ähnlich geht es mir, als wir einen Leoparden sehen. Und doch fühle ich mich unwohl. Mit zwei Wagen verfolgen wir ihn. Umkreisen ihn. Ewigkeiten. Er geht in die eine Richtung, da taucht der nächste Wagen auf. Er dreht sich um. Er sieht nicht sauer aus, aber genervt. Ich bitte Kim, dass wir einfach doch wegfahren sollen, im seine Ruhe lassen. Sie meint, das wäre ok, wenn er wirklich genervt sei, würde sie das merken. Ich fühle mich nicht gut dabei. KLAR will ich auch ein Hammer Foto von ihm haben und ihn ansehen und mich freuen, dass es ihn gibt. Aber gleichzeitig tut er mir leid. Ja, natürlich hat er es hier im Private Game Reserve gut und wird nicht gejagt. Und wenn er Glück hat, kommt auch kein Wilderer um die Ecke. Aber trotzdem. Ich bin hin und hergerissen. Ja, Safari-Touristen töten keine Tiere. Aber dennoch. Irgendwie „schießt“ man sie doch ab. Klick. Und im Safarigefährt werden auch Touristen manchmal zu Wildtieren, wenn es darum geht, wer wem im Blickfeld sitzt.
Wir hatten das große Glück innerhalb von drei Tagen alle BIG FIVE zu sehen. Elefant, Leopard, Nashorn, Löwe und Büffel. Und darüber bin ich sehr glücklich. Und ich will es nochmal machen. Beim nächsten Mal aber irgendwie anders. Ich weiß noch nicht genau wie. Vielleicht ohne Kamera. Vielleicht indem ich Ranger bei ihrer Ausbildung begleite. Ich will mehr darüber erfahren. Viel mehr.
Im nächsten Südafrika Artikel:
Warum Tiere NICHT betrunken davon werden, wenn sie Marula Früchte essen, was das Ganze mit Amarula zu tun hat.
UND EIN VIDEO.
Hinweis: Ich wurde von Amarula auf diese Reise eingeladen.